Eine mögliche Kostenersparnis bei einem Wechsel in die Cloud hängt von verschiedenen Faktoren ab. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass nach einer Cloud-Migration die Kosten automatisch sinken. Aber so pauschal kann diese Aussage nicht getroffen werden. Zumal dieser Denkansatz häufig nur allgemeine Kosten berücksichtigt, nicht aber differente Kostenarten wie Hardware, Personal oder Energie. Eine separate Betrachtung dieser Positionen zählt zu den ersten Aufgaben, die anstehen, wenn die Kosten tatsächlich optimiert und das Projekt erfolgreich laufen soll. Wir zeigen, worauf Sie achten sollten.
Soll eine Cloud-Migration gelingen, dürfen Unternehmen wichtige Rahmenbedingungen wie das Denken in Microservices oder die Betrachtung des Themas DevOps nicht vernachlässigen. Auch sollten sich die Verantwortlichen für den Bereich Customer Experiences fragen, wie der Lifecycle eines modernen Produkts überhaupt aussehen soll. Zur echten Herausforderung wird die Kostenkalkulation, wenn Unternehmen mehrere Clouds von unterschiedlichen Anbietern nutzen. Dann nämlich verwässern die Kosten noch mehr. Laut einer Cloud-Studie von BMC wissen tatsächlich viele Unternehmen nicht, was sie bei einer Multi-Cloud-Lösung für die einzelnen Clouds ausgeben. So steht also die Kostenoptimierung im Mittelpunkt, aber wie soll diese umgesetzt werden, wenn die einzelnen Kosten nicht bekannt sind? Um diese Frage zu beantworten, ist ein Umdenken erforderlich, denn die traditionelle Herangehensweise an IT-Infrastruktur funktioniert heute nicht mehr. Ob Private oder Public Cloud, IT-Manager müssen heute neue Wege gehen, um sicherzustellen, dass die erwarteten Vorteile – dazu zählt auch die Kostenersparnis – in Cloud-Umgebungen tatsächlich funktionieren.
Ohne Kostenaufstellung kein Cloud-Erfolg
Kunden stellen die Frage nach der Kostenersparnis in der Cloud in der Regel nicht von selbst. Vielmehr setzen sie automatisch voraus, dass mit der Cloud-Migration die Kosten sinken. Auf das Thema machen wir als Hosting-Dienstleister meist in den Gesprächen zur Konzeption eines Projektes aufmerksam oder wenn es allgemein um die Gründe für einen Wechsel in die Cloud geht. Bei einer intensiven Auseinandersetzung mit Cloud-Modellen und IT-Infrastrukturen könnte man sogar noch einen Schritt weiter gehen und fragen, warum ein Unternehmen denn überhaupt ins Internet will. Thematisch befinden sich beide Sachverhalte auf dem gleichen Level. Demnach ist der Grundstein für den Start eines erfolgreichen Cloud-Projektes dann gelegt, wenn dem Kunden klar ist, dass die Nutzung von Cloud-Diensten nicht automatisch Kosten spart. Zum Glück stehen dieser Erkenntnis immer mehr IT-Verantwortliche in den Unternehmen positiv gegenüber.
Das zeigt auch der Cloud-Monitor 2017. Laut der Studie von Bitkom Research im Auftrag von KPMG steigt nicht nur der Anteil der eher aufgeschlossenen und interessierten Cloud-Befürworter, die Gründe für eine Cloud-Migration sind ebenfalls vielschichtiger geworden: So legen mehr Unternehmen Wert auf die Möglichkeiten zum mobilen beziehungsweise geografisch verteilten Zugriff auf IT-Ressourcen und zur schnelleren Skalierbarkeit. Ebenso spielen Verfügbarkeit und Performance der IT-Leistungen, organisatorische Flexibilität und Datensicherheit eine wichtige Rolle. Die Höhe der IT-Kosten, Implementierungszeiten für neue Anwendungen und Lösungen sowie der IT-Administrationsaufwand verlieren hingegen an Relevanz bei der Nennung der Gründe für eine Cloud-Migration.
Exkurs: Was sind Microservices?
Bei diesem IT-Architekturmuster werden kleine Prozesse entkoppelt, die dann einzelne Funktionen für eine komplexe Anwendungssoftware bereitstellen. Die Dienste sind weitgehend entkoppelt und erledigen eine kleine Aufgabe. Damit bilden sie die Basis für einen modularen Aufbau von Applikationen, um die Vorteile von Cloud-Umgebungen voll auszuschöpfen. Die Vorteile von Microservices liegen in der flexiblen Handhabung, der übersichtlichen Größe und der stabilen Architektur. Sie können unabhängig voneinander verteilt und entwickelt werden, sodass Teams autonom voneinander arbeiten können. Die Skalierung agiler Entwicklungsprozesse erfolgt mit geringem Kommunikations- und Koordinationsaufwand. Microservices sind klein, übersichtlich und lassen sich leicht weiterentwickeln.
Die Systemarchitektur bleibt stets stabil, da Abhängigkeiten zwischen den Microservices über die API (Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung) eingeführt werden. Aus diesem Grund und weil Microservices sich kontinuierlich warten lassen, erlaubt das Architekturmuster langfristig eine produktive Systementwicklung. Microservices können unabhängig voneinander skaliert und die Systeme gegen den Ausfall anderer Services abgesichert werden. Continuous Delivery ist aufgrund der Übersichtlichkeit der Microservices einfacher. Jeder Microservice kann mit einer anderen Technologie implementiert werden. Das vereinfacht Experimente mit neuen Technologien und verhindert das Veralten des Technologie-Stacks. Microservices können dazu genutzt werden, Legacy-Systeme zu erweitern, ohne dabei zu viel an der alten Code-Basis ändern zu müssen. Wenn Schlüsseldienste identifiziert wurden, können bei einer Überlastung unkritische Services reduziert oder abgeschaltet werden, um Ressourcen für kritische Services frei zu machen.
Mehr über die Möglichkeiten von Microservices lesen Sie im folgendem Beitrag.
Es kommt wie immer darauf an
Wenn wir mit Kunden über die Gründe für eine Cloud-Migration sprechen und die Frage „Welche Kostenersparnis habe ich, wenn ich in der Cloud bin?“ in den Fokus rückt, lautet die Antwort in der Regel: „Das kommt darauf an.“ Durch eine Cloud-Migration lassen sich auf jeden Fall massiv Kosten einsparen. Aber es ist wichtig, sich zuerst einen Überblick zu verschaffen, was die Cloud alles bietet und auf welcher Ebene man sich in der Service-Pyramide bewegt.
Bei der anschließenden Analyse führen folgende Fragen zum besten Ergebnis:
- Brauchen wir Infrastruktur beziehungsweise Infrastructure as a Service?
- Möchten wir Platform Services einkaufen (Platform as a Service)?
- Möchten wir uns um nichts mehr kümmern und Software mieten (Software as a Service)?
Weitere Fragen machen das Thema noch greifbarer:
- Möchten wir Cloud Hosting einkaufen?
- Möchten wir die Arbeitsumgebungen im Unternehmen auslagern?
- Möchten wir nur Storage einkaufen und Backups von A nach B schieben?
- Haben wir eine stark zu skalierende Web-Applikation, die auf Last und Anfragen reagieren muss?
Des Weiteren sollten die gängigsten Cloud-Typisierungen bekannt sein:
- Wissen wir, was Public Cloud bedeutet?
- Können wir das Thema Private Cloud richtig einordnen?
- Warum macht meist eine Hybrid Cloud Sinn?
Diese Themenauflistung ließe sich um viele weitere Fragen ergänzen. Hier soll sie aber in erster Linie zeigen, dass die pauschale Aussage vieler Anbieter „Ja, Sie sparen in der Cloud genau X Euro Kosten!“ oder die Angabe einer unspezifischen Prozentangabe nur zur Beruhigung des potenziellen Kunden dient, um den Vertragsabschluss zu beschleunigen. In der Praxis ist es definitiv nicht möglich, pauschal solche konkreten Zahlen zu nennen.
Die Ersparnisse oder Hochrechnungen sind immer abhängig vom Einzelfall, vom Einsatzzweck, der Ressourcennutzung und der Betrachtung auf dem Zeitstrahl. Zusätzlichen Einfluss hat der Umstand, wie sehr der Nutzer in der Lage ist, die Flexibilität der Cloud zu nutzen. Meist sind IT-Infrastrukturen (so war es zumindest in der Vergangenheit) statisch. Mit Cloud-Technologienkönnen Ressourcen gebucht werden, wenn sie benötigt werden. Das bedingt allerdings ein zentrales Management und eine Applikation, die in der Lage ist, diese IT-Ressourcen automatisch anzufragen (Provisionierung) und wieder freizugeben, wenn sie nicht mehr benötigt werden (Deprovisionierung). Wichtig ist, dass dieser Vorgang automatisch erfolgt – sobald dafür Manpower benötigt wird, ist das nicht mehr effizient.
Orchestrierung heißt das Zauberwort
Ein eindeutiges „Ja!“ beantwortet die Frage „Kaufe ich bei der Nutzung von Cloud-Dienstleistungen Flexibilität ein, die ich bezahlen muss?“. Man muss für jeden Anwendungsfall genau prüfen, ob, und in welcher Ausprägung man diese Flexibilität überhaupt benötigt. Beim Einkauf von Office Accounts über die Cloud ist die Frage meist ein kurzes Rechenexempel und kann sehr gut als Kostenpunkt pro Mitarbeiter ausgewiesen werden. Weiterhin spart man durch Mengenrabatte. Die Prüfung, ob der Betrieb einer eigenen Infrastruktur doch Sinn machen würde und Skaleneffekte auftauchen, ist erst bei einer größeren Kontenzahl sinnvoll.
Schwierig wird es, wenn aufgrund einer im Digitalisierungswahn ausgesprochenen All-in-Cloud-Strategie Bestandssysteme per Lift and Shift auf Infrastrukturen in die Cloud geschoben werden. Das Einsparpotenzial verpufft in diesem Fall schnell. Um Kosten zu sparen, muss jeder Nutzer von Cloud-Technologien in der Lage sein, die Ressourcen nur dann automatisch abzurufen, wenn der Geschäftsprozess diese benötigt. Bucht man nur einfache virtuelle Server und stattet diese mit den gleichen Leistungsdaten aus, die im On-Premise-System verbaut sind, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Cloud-Lösung teurer ist. Ohne sinnvolle Automatisierung und eine Steuerung beziehungsweise Orchestrierung der Leistungen aus der Cloud wird die Frage der Kosteneinsparung negativ ausfallen.
Exkurs: Was ist Orchestrierung nach Definition durch Intel?
Bei der Cloud-Orchestrierung geht es um die dynamische Automation der Cloud-Infrastruktur. Sie bietet Rechenzentren die Möglichkeit, Flexibilität und Effizienz zu erhalten, mit denen sie die Unternehmensflexibilität und -innovation unterstützen können. Die Orchestrierung ist ein großer Fortschritt, was die Leistungs- und Funktionsfähigkeiten von Rechenzentren im Hinblick auf deren Übergang zur softwaredefinierten Infrastruktur (SDI) angeht – eine hervorragende Vorgehensweise zur Umsetzung einer effizienten, flexiblen und skalierbaren internen Private-Cloud-Infrastruktur.
Die Orchestrierung verwaltet verschiedene Systeme, verbindet und automatisiert Abläufe für bestimmte Dienste, managt die Konfiguration, Kapazität, Nutzungsmessung und Abrechnung, verfolgt und reportet die Cloud-Leistung und -Verfügbarkeit, überwacht den Systemzustand, Sicherheitsbedrohungen sowie die Einhaltung von Sicherheitsrichtlinien, leitet effektive Maßnahmen ein und führt Anpassungen durch und kann potenzielle Probleme frühzeitig erkennen.
Manpower kann nicht aus der Cloud gekauft werden
Unternehmen, die eine Cloud-Migration ansteuern, sollten sich der anschließend klaffenden Service-Lücke bewusst sein. Zwar werden die Cloud-Dienstleistungen in Form von Infrastruktur und Plattform-Services beim Public Cloud Provider eingekauft, aber die potenziell entstehende Service-Lücke muss ein zusätzlicher und spezialisierter Service-Dienstleister schließen. Und damit die Service-Lücke beim Cloud-Betrieb tatsächlich nicht mehr geöffnet wird, bedarf es neben dem Hosting Aufgaben wie Monitoring (24/7/365) sowie die Gewährleistung der Performance, Laufzeitumgebung und IT-Sicherheit. Für diese Funktionalitäten nehmen die Cloud Provider ihre Kunden in die Verantwortung – und diese werden von den neuen Aufgaben oft überrascht.
Denn die Erwartungshaltung beim Einkauf der Leistungen beim Public Cloud Provider ist in der Regel eine andere: Man denkt, einen Full-Service-Dienstleister beauftragt zu haben, stattdessen erhält man aber „nur“ gut abgegrenzte IaaS, PaaS und SaaS. So wird vielen erst nach der Migration klar, wie wichtig es ist, ein Cloud-Projekt bereits im Vorfeld klug zu planen und den Faktor Mensch ebenfalls in die Betrachtung einzubeziehen. Der Mehrwert der Cloud ergibt sich nämlich erst dann, wenn das Management im Sinne der Orchestrierung aller Leistungen inklusive dessen, was die Manpower bietet, gesichert ist. Es wird sogar noch wichtiger, den Überblick über die kleinteilig eingekauften Leistungen zu behalten.
Fazit: Erfolg hängt von der richtigen Leistung und ausreichendem Know-how ab
Die Cloud ist in jeder Hinsicht eine Erfolgsstory! Es lassen sich auch Kosten damit sparen. Einsparungen ergeben sich vor allem bei gezieltem und gut vorbereitetem Cloud-Einsatz. Wichtig ist es jedoch, die Leistung sinnvoll einzukaufen und ausreichend Know-how zu haben. Fehlt das interne Fachwissen, helfen Managed Services Provider mit ihren Experten weiter. Sie begleiten ihre Kunden durch die Migration und betreuen das Projekt direkt vor Ort.
Da aber mit dem Ende des Projekts häufig die Expertenunterstützung endet, ist es sinnvoll, bereits vor dem Start auch an den Betrieb nach der Migration zu denken. Ob Unternehmen sich für eine interne Lösung oder für die Zuhilfenahme von externen Experten entscheiden, in jedem Fall steigt der Bedarf an hoch spezialisierten Technikern weiter an. Systemadministratoren und/oder Softwareentwickler aus der alten und statischen IT-Welt erhalten damit die einmalige Chance, sich neu zu orientieren und mit entsprechenden Fortbildungen gut in der neuen IT-Welt zu positionieren. Das Hintergrundwissen haben sie ja bereits.