Der digitale Wandel in Produktion, Vertrieb oder Produktentwicklung – kurz: Industrie 4.0 – kommt langsam auch bei mittelständischen und kleineren Unternehmen an. Herrschte vor zwei Jahren in vielen Betrieben noch Zurückhaltung, wenn es darum ging, die Digitalisierung als echte Chance anzuerkennen, so sahen Mitte 2017 zwei Drittel der Firmen optimistischer in die Zukunft.
Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey mit dem Titel „Digital Manufacturing – Capturing sustainable impact at scale“ erwartet der Großteil der produzierenden Unternehmen Umsatzsteigerungen von mehr als zehn Prozent durch konsequente Digitalisierungsprozesse. Allerdings sehen die Manager den Fachkräftemangel immer noch als großes Hemmnis an. Für die Analyse wurden bereits im dritten Jahr hintereinander 400 Entscheider aus der Industrie in Deutschland, USA, China und Japan befragt. In allen Ländern erwarten die Befragten ein höheres Wachstum vor allem durch gesteigerte Produktivität der Mitarbeiter und effizientere Maschinen.
„Wie bei vielen neuen Technologien haben wir auch bei der Digitalisierung der Fertigung einen anfänglichen Hype erlebt. Nach der zwischenzeitlichen Enttäuschung über ausbleibende konkrete Verbesserungen durch Industrie 4.0 überwiegt nun pragmatischer Optimismus“, erläutert Andreas Behrendt, McKinsey-Partner im Kölner Büro.
So manifestiert sich die Überzeugung deutscher Unternehmen, sich im internationalen Wettbewerb gut zu behaupten. Die anfangs diffusen Vorstellungen, was Digitalisierung bewirken könne, wurden von konkreten Handlungsplänen abgelöst: Mögliche Anwendungsfelder sind zum Beispiel vorausschauende Wartung oder intelligente Roboter. Durch diesen pragmatischen Ansatz haben die deutschen Unternehmen mehr Projekte angestoßen als jedes andere Land. Die Studie identifiziert zudem drei Teilbereiche, die Unternehmen stärken sollten, um eine ganzheitliche Industrie-4.0-Transformation umsetzen zu können:
- Unternehmen sollten sich auf ihr Geschäftsfeld konzentrieren und analysieren, welchen Mehrwert Industrie 4.0 speziell für ihre Branche oder ihre Fertigung bringen kann. Dementsprechend sollten sie Pilotprojekte planen und diese konsequent durchführen, um sich nicht in einzelnen Initiativen zu verzetteln.
- Unternehmen, die bisher wenige Berührungspunkte mit der Digitalisierung hatten, sollten sich nach möglichen Partnern – auch im Startup-Umfeld – umschauen. Die in der IT üblichen agilen Arbeitsmethoden und eine intensive Beteiligung aller Mitarbeiter seien zudem notwendig, um die Transformation erfolgreich durchführen zu können.
- Vorreiter in Sachen Industrie 4.0 haben es gezeigt: Die Transformation funktioniert besonders gut, wenn sie zur Chefsache gemacht wird. Denn der Prozess benötigt eine konsequente Strategie, ein angemessenes Budget sowie Personal mit Kompetenzen in Datenanalyse, Robotik und Development.
Laut McKinsey sehen Unternehmen übrigens das größte Potenzial im digitalen Qualitätsmanagement und in der Echtzeitüberwachung der Fertigung. Mehr als 80 Prozent der Befragten halten diese Anwendungen für relevant, in einem Drittel der Firmen werden sie schon genutzt.