Die Deutsche Bahn wirbt mit kostenfreiem WiFi in ihren ICEs. Damit ist man mit einem hochgerüsteten Handy – neuester Mobilfunk-Standard, bestmögliche Datenübertragungsraten – auch im Zug mit der Außenwelt verbunden. Sollte der Hochleistungsakku schlappmachen, gibt es genug Steckdosen zum Aufladen. Für weitere Geräte wie beispielsweise Laptop liefert die Hochspannungsleitung der Deutschen Bahn ebenfalls genug Strom. Damit hat man alles, was man zum Arbeiten im Zug braucht. Doch kaum erreicht der Zug seine Reisegeschwindigkeit, wird es dunkel – im Tunnel wie im Internet. Bei der Netzverbindung, dem Zugriff auf das Virtual Private Network (VPN) und bei der Arbeit geht linear zur steigenden Geschwindigkeit das Licht aus. Was aber tun, wenn man gewohnt ist, immer und überall online zu sein?
Bei vielen von uns bestimmen Mails und Instant Messenger die Onlinewelt. Der eine oder andere teilt sein Wissen auch in Wikis, schreibt Protokolle in Kollaborationsplattformen, hält Webinare oder nimmt an Onlinemeetings teil. Bei Adacor kann man dazu noch über das an die eigenen Bedürfnisse angepasste Intranet Kalkulationen, Angebote oder Entwürfe erstellen oder sich die Servicewelt und das Leistungsportfolio des Unternehmens anzeigen lassen.
All das ist in der „Cloud“
Alle diese Funktionen sind über den Webbrowser als Tor zu allen benötigten Werkzeugen möglich. Das gilt nicht nur für die Arbeitswelt, ganz ähnlich läuft es häufig auch im privaten Bereich: Sämtliche Informationen sowie Bilder, Einkaufslisten und private Mails lassen sich von jedem Endgerät aus abrufen. Zusätzlich werden sie laufend synchronisiert. Auch die Planung privater Termine und die Abstimmungen mit dem Ehepartner finden kollaborativ in der Cloud statt. Die Hörspiele der Kinder und die Musik kommen nicht mehr aus dem CD-Player, sondern aus dem Netz. Viele Haushalte verzichten bereits auf ein Radio und streamen die Sender über das Handy direkt auf kleine Boxen. Selbst die Kommunikation mit Freunden läuft asynchron durch Nachrichtendienste. Wenn man doch einmal miteinander telefoniert, dann oft per Videotelefonie.
Ob Job oder Privatleben, viele von uns sind völlig abhängig vom „Internet“ und „der Cloud“. Solange das Internet und die nötigen Datenverbindungen verfügbar sind, werden diese Dienste selbstverständlich genutzt. Nur in der Bahn oder im Flugzeug klappt das nicht immer. Dann lohnt es sich, einmal darüber nachzudenken, wie sinnvoll es ist, das ganzes Leben ins Netz zu verlagern.
Auswirkungen auf die Wirtschaft
Sollte das Internet eines Tages ausfallen, hätte das enorme Auswirkungen auf uns alle, die Politik, Wirtschaft und das soziale Zusammenleben. So ist etwa das Aus für das analoge Festnetz für die Deutsche Telekom beschlossene Sache: Ab Ende 2018 sollen alle Kunden nur noch über das Internet telefonieren. Bei einem Netzausfall bliebe zur Kommunikation lediglich das Mobilfunknetz. Nur, hielte dies einem solchen Ansturm stand? Schon am Silvesterabend merkt man, wie schwer es ist, seinen Freunden einen guten Rutsch ins neue Jahr zu wünschen.
Ein längerer Ausfall des Internets hätte auch deutliche Auswirkungen auf den Onlineversandhandel: Größere Anbieter, die vielleicht sogar noch einen stationären Handel betreiben, hätten sicherlich das nötige Polster, einige Zeit zu überleben. Kleinere Unternehmen, deren Geschäftsmodell ausschließlich auf dem Internetversand basiert, wären schnell vom Bankrott bedroht. Viele klassische Unternehmen speichern einen Großteil ihrer Daten im Internet, haben ihre Vertriebe dezentral organisiert und tauschen sich mit Geschäftspartnern weltweit über das Netz aus. Ein längerer Ausfall des Internets würde zu schweren Verlusten führen. Gesundheitswesen, Versicherungen, Produktionen könnten zudem nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt arbeiten.
Die weltweiten Börsen funktionieren über abgesicherte unabhängige Infrastrukturen. Die Verbindungen zu den Kunden würden jedoch gekappt. Es gingen zwar keine Daten verloren, der Handel und damit das gesamte Finanzsystem kämen aber innerhalb weniger Augenblicke zum Erliegen. Alle Börsen weltweit und natürlich auch die Banken sind auf das Internet angewiesen. Experten rechnen zudem mit erheblichen psychologischen Folgen im Falle eines Blackouts – eine nicht kalkulierbare Größe.
Auch die großen Stromnetze funktionieren ohne das Internet. Viele spezialisierte Dienste wie Fernwartungen oder Smart-Home-Angebote lägen jedoch brach. Zudem werden Kraftwerke und Verteilstationen zum Großteil über das Internet gesteuert. Mit Stromausfällen ist also bei einem umfassenden Ausfall des Internets zu rechnen.
Das Worst-Case-Szenario wäre ein totaler Ausfall des Internets und daraus folgend der Wegfall der Stromversorgung. Systemerhaltende Bereiche unserer Zivilisation kämen zum Erliegen: Lebensmittelproduktionen, Treibstoffversorgung, Trinkwasserversorgung, Krankenhäuser. Die Auswirkungen möchte man sich nicht vorstellen.
Geringe Wahrscheinlichkeit eines Totalausfalls
Aber wie wahrscheinlich ist es, dass das Internet komplett ausfällt? Experten schätzen die Gefahr als sehr gering ein. Denn das Internet wird nicht zentral gesteuert, sondern ist ein großes Netz, das aus vielen kleineren Netzwerken besteht. Die Daten laufen über viele einzelne Server, die durch eine verzweigte Infrastruktur miteinander verbunden sind. Diese zu schützen und abzusichern gewinnt deshalb immer mehr an Bedeutung.
Es gibt durchaus neuralgische Punkte, deren physische Zerstörung erhebliche Auswirkungen auf weite Teile des weltweiten Handels und die internationale Kommunikation hätte: zum Beispiel die Unterseekabel, die unsere Kontinente miteinander verbinden. Würde ein solches Kabel zerstört, käme zwar nicht das gesamte Internet zum Erliegen, aber die Daten müssten sich einen anderen Weg suchen. 2012 mussten Teile Ostafrikas ohne Internet auskommen, weil ein Schiff mit seinem Anker ein Seekabel zerstört hatte. Auch böswillige Angriffe auf zentrale Knotenpunkte des Internets haben wir in den vergangenen Jahren erlebt. So fielen 2016 wichtige Telekom-Router aus: Betroffen waren 900.000 Deutsche, die nicht mehr ins Internet kamen.
Lohnt es sich daher, sich über den Ausfall im Zug zu ärgern und im Kopf einen Beschwerde-Tweet an die Bahn und den Mobilfunkanbieter zu formulieren? Sicher nicht. Die Onlinewelt ist bald wieder verfügbar, und das scheinbar sinnentleerte Betrachten der vorbeirauschenden Landschaft kann durchaus entspannend sein. Womöglich kommt man auch mit Mitreisenden ins Gespräch und macht eine nette Bekanntschaft.
Ausblick
Manchmal ist es beunruhigend, wenn man immer und überall online ist. Speziell wenn man an die Abhängigkeit dahinter denkt. Aber die Digitalisierung schreitet voran und alles, was nicht schnell, digital und effizient „time to market“ ist, wird infrage gestellt. Und so rauschen die Bits und Bytes unermüdlich durch die Welt – bei hoffentlich nie ausgehender Energie.